English version below
Das Miteinander-Reden ist Voraussetzung für eine funktionierende Demokratie. Diese Prämisse ist Ausgangspunkt der Masterthesis ‘Gestaltung digitaler Räume für den demokratischen Dialog – eine diskursive Masterthesis’. Ebenso wie die Erkenntnis, dass das Miteinander-Reden vor dem Hintergrund einer attestierten Krise westlicher Demokratien an Relevanz eher zu- als abnimmt. Kommunikation ist heute allgegenwärtig: Tweets, Kommentare, Snaps und Sprachnachrichten gehören zum Alltag und soziale Plattformen oder Kommentarspalten von Online-Zeitungen sind wichtige Orte des politischen Austausches. Mit dem gesteigerten Kommunikationsvolumen bilden sich jedoch auch Phänomene wie Hate Speech und Fake News als weitere Treiber der Demokratiekrise heraus.
Dass die technisch-vermittelte Kommunikation und die Gestaltung digitaler Räume Einfluss auf das Verhalten haben, ist dabei unumstritten. Über Probleme digitaler Kommunikation hinaus ergeben sich genauso vielfältige Chancen für die Demokratie: Bürger:innen können sich aktiv am Diskurs beteiligen, in einen respektvollen demokratische Dialog treten, andere Meinungen erleben und sich gegenseitig als Mitglieder der Gesellschaft begegnen.
Vor dem Hintergrund dieser Herausforderungen, Chancen und Risiken stellen die Autorinnen folgende Forschungsfrage: Wie können wir als Gestalter:innen digitale Räume für den demokratischen Dialog gestalten?
Der Dialog kommt dabei auch als Mittel der Masterthesis selbst zum Einsatz: Gespräche mit Expert:innen bereicheren die theoretische Auseinandersetzung, aus Diskussionsrunden mit Bürger:innen können erste Erkenntnisse gezogen werden. Die Analyse bestehender digitaler Räume ist Ansatzpunkt für die Entwicklung von theoretischen Überlegungen und gestalterischen Antworten.
Offensichtlich wird: Bei der Gestaltung digitaler Räume spielt eine Vielzahl an Einflussgrößen eine Rolle. Im Rahmen der Arbeit erarbeiten die Autorinnen daher eine Übersicht an Gestaltungsparametern, die bei der Analyse und Gestaltung digitaler Räume helfen kann.
Aufgrund der hohen Verantwortung von Gestalter:innen und Verantwortlichen digitaler Räume ist deren Bewusstsein für Demokratie und Gesellschaft ebenso bedeutsam. Eine Sammlung von Überzeugungen sowie eine A/B-Liste repräsentieren das Demokratie- und Designverständnis der Autor:innen und regen zur Reflexion der eigenen Wertansichten an. Die Expert:innen kommen in Form von Podcasts zu Wort und vermitteln grundlegendes Wissen über Demokratie, Kommunikation und den Einfluss von Umgebungen auf das Verhalten. Unter design-politics.com sind die Ergebnisse veröffentlicht.
Die gestalterische Auseinandersetzung mit der Thematik erfolgt über Methoden des Critical und Speculative Design. In Kooperation mit der School of Critical Design in London können so im Zuge der Masterthesis nicht nur erste Erkenntnisse zur Gestaltung digitaler Räume abgeleitet werden – darüber hinaus entstehen drei diskursive Artefakte, die Betrachter:innen einen Blick in alternative Zukünfte und eine neue Perspektive auf den Status Quo erlauben. Rund um Fragen wie ‚Was wäre, wenn wir die sozialen Dynamiken in digitalen Räume sehen könnten? oder ‚Was wäre, wenn Kommentarspalten rund wären?’ richten sich die Artefakte an Betrachter:innen und sind Anstoß zum Hinterfragen, Reflektieren und Diskutieren.
Als Gestalter:innen sehen wir eine große Verantwortung darin, positiv an der Entwicklung digitaler Räume für die Gesellschaft mitzuwirken und sich im Zuge dessen mit den politischen Dimensionen von Design auseinanderzusetzen. Außerdem plädieren wir für eine breitere Nutzung der Methoden des diskursiven, spekulativ-kritischen Designs und eine Emanzipation aus der Nische der musealen Objekte, um die vielen ‚wicked problems’ heutiger Gesellschaften anzugehen und darüber ins Gespräch zu kommen. Nicht nur Unternehmen benötigen Innovationsprozesse, Blicke in die Zukunft und neue Perspektiven auf die Gegenwart, sondern auch politische Einrichtungen, Kommunen und die breite Gesellschaft. Denn diese muss sich fragen: Wie wollen wir leben? Und: Wie wollen wir miteinander reden?
ENGLISH
Communication among citizens is a prerequisite for a functioning democracy. This premise is the starting point of the Master's thesis 'Designing digital spaces for democratic dialogue - a discursive Master's thesis'. Another realisation is that talking to each other is becoming more relevant in the face of an attested crisis of Western democracies. Communication is ubiquitous today: tweets, comments, snaps and voice messages are part of our everyday life and social platforms or comment columns of online newspapers are important places of political exchange. However, with the increased volume of communication, phenomena such as hate speech and fake news are emerging as further drivers of the crisis of democracy.
It is undisputed that technically mediated communication and the design of digital spaces have an influence on behaviour. Beyond the problems of digital communication, there are just as many opportunities for democracy: citizens can actively participate in discourse, enter into a respectful democratic dialogue, experience other opinions and encounter each other as members of society.
Against the background of these challenges, opportunities and risks, the authors pose the following research question: How can we as designers create digital spaces for democratic dialogue?
Dialogue is also used as a means for the Master's thesis itself: discussions with experts enrich the theoretical debate, and initial findings can be drawn from discussion rounds with citizens. The analysis of existing digital spaces is a starting point for the development of theoretical considerations and creative answers.
It becomes obvious: A multitude of influencing factors play a role in the design of digital spaces. In the context of the Master's thesis, the authors therefore develop an overview of design parameters that can help in the analysis and design of digital spaces.
Due to the high responsibility of designers and those responsible for digital spaces, their awareness of democracy and society is very important. A collection of core beliefs and an A/B list represent the authors' understanding of democracy and design and aim to encourage others to reflect on their own values. Experts speak in the form of podcasts and convey basic knowledge about democracy, communication and the influence of environments on behaviour. The results are published at design-politics.com.
The design approach to the topic is based on methods of critical and speculative design. In cooperation with the School of Critical Design in London, the master's thesis not only provides initial insights into the design of digital spaces, but also creates three discursive artefacts that give viewers a glimpse of alternative futures and a new perspective on the status quo. Around questions such as 'What if we could see the social dynamics in digital spaces?' or 'What if comment columns were round?', the artefacts are directed at viewers and are an impulse to question, reflect and discuss.
As designers, we see a great responsibility to positively contribute to the development of digital spaces for society and, in the process, to engage with the political dimensions of design. We also advocate a broader use of the methods of discursive, speculative-critical design and an emancipation from the niche of museum objects in order to address the many 'wicked problems' of today's societies and to enter into conversation about them. Not only companies need innovation processes, views into the future and new perspectives on the present, but also political institutions, municipalities and society at large. Because society as a whole must ask itself: How do we want to live? And: How do we want to talk to each other?
Mockups von freepik.com - Figuren in Pedestal: Modeling By: Benjamin Leitgeb, Rigging By: Orestis Konstantinidis